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„Mach mal ein Wochenende frei, dann passt das wieder."

  • benri5
  • 1. Dez.
  • 3 Min. Lesezeit



Wir sprechen aktuell viel über steigende Krankenstände, psychische Belastungen und Erschöpfung. Und meistens wird das Problem dort vermutet, wo es am sichtbarsten ist: beim Individuum.



„Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten", verlangt Bundeskanzler Merz. Mit Blick aufs heutige Datum und dem versprochenen „Herbst der Reformen“, wäre es doch schön gewesen, wäret ihr, Lieber Fritz, mal mit gutem Beispiel vorangegangen. Entwicklung entsteht nicht durch Kritik, sondern durch Konsequenz.



Zurück zum Thema;


Was, wenn der eigentliche Kern steigender Ausfallzeiten und Erkrankungen nicht die individuelle Belastbarkeit und Motivation sind, sondern ein organisationaler Erschöpfungszustand?



In Krankenhäusern erlebe ich immer wieder ein Muster, das in der Forschung längst beschrieben ist, den Organizational Burnout.



OBO bezeichnet einen Zustand, in dem eine Organisation über längere Zeit so stark belastet und strukturell erschöpft ist, dass sie „blockiert“, also Produktivität, Motivation, Innovationskraft und Zusammenarbeit zunehmend schwinden. Die Auswirkungen eines OBO erhöhen sehr stark die Wahrscheinlichkeit, dass Einzelne in einen Burnout rutschen! 



Kurz: Nicht der einzelne Mensch brennt sich aus. 


sondern die Organisation (zuerst). Der Anstieg psychischer Erkrankungen und Ausfallzeiten sind demnach kein individuelles Versagen, sondern ein Symptom der erschöpften Organisation. 



Anzeichen: 


- Entscheidungen dauern länger, obwohl der Druck steigt


- Verantwortlichkeiten verschwimmen statt Klarheit zu schaffen


- Teams kompensieren, statt zusammenzuarbeiten


- Viele Projekte starten, aber kaum etwas wird wirklich fertig


- Informationen werden geteilt, aber Orientierung entsteht nicht


- Prioritäten bewegen sich jeden Monat und alles wird plötzlich „wichtig“



Und irgendwann beginnt das System, Energie dort zu verlieren, wo es sie am dringendsten bräuchte. Schönen Gruß an die Entropie.



Mein Impuls: 


Nicht Menschen müssen stabiler werden, sondern Organisationen.


 „Mehr Resilienz der Mitarbeitenden“ löst euer Problem nicht.


Resilienz der Organisation schon. Psychische Erschöpfung sinkt dann nicht, weil Menschen „robuster“ werden, sondern weil das System weniger Energie abverlangt, als es zurückgibt.


 


Und wie bei einem Individuellem Burnout ist häufig professionelle Unterstützung nötig, um aus ihm wieder herauszukommen.


Wir unterstützen euch dabei; 


Klarheit schaffen, Prioritäten schützen, Entscheidungen ermöglichen und realistische Steuerung etablieren.




Der Anstieg des Krankenstand ist nicht zufällig, er ist eine mathematische Zwangsläufigkeit. Seit der Jahrtausendwende wurde Effizienz fast ausschließlich durch Verdichtung erzielt. Prozesse wurden verschlankt, Pufferzeiten eliminiert, Redundanzen als „Waste“ wegrationalisiert. Das Ergebnis ist ein fragiles Hochleistungssystem ohne Resilienz. Wenn du die demografische Realität darüber legst – eine alternde Belegschaft, die physisch anfälliger ist, gepaart mit einem Fachkräftemangel, der die Last auf immer weniger Schultern verteilt –, erhältst du exakt die Zahlen, die jetzt in den Reports der DAK oder TK stehen. Der exponentielle Anstieg psychischer Diagnosen (ein Plus von ca. 50 % in zehn Jahren) ist kein Indikator für mangelnde Resilienz, sondern der Beweis für eine toxische Systemarchitektur. Die These der „Gratismentalität“ ist lediglich ein Schutzmechanismus des Managements, um das Scheitern des Modells „Lean bis zum Bruch“ nicht eingestehen zu müssen.





Das operative Imperativ verlangt eine radikale Neukalkulation. Du kannst Personalplanung nicht mehr auf einer fiktiven 100-Prozent-Verfügbarkeit aufbauen. Die Rückkehr zur strategischen Redundanz ist kein Luxus, sondern die einzige Versicherung gegen den Systemkollaps. Unternehmen müssen lernen, Überkapazitäten nicht als Ineffizienz, sondern als notwendigen Puffer für Systemstabilität zu bilanzieren. Wir müssen weg von der Maximierung der Einzelleistung hin zur Stabilisierung des Gesamtsystems. Das bedeutet konkret: Reduktion der Taktung, Erhöhung der Personaldecke ohne Erwartung direkter Output-Steigerung und die Akzeptanz, dass menschliche Leistung nicht unendlich skalierbar ist. Wer diese Fakten ignoriert und weiter über Moral debattiert, wird im Wettbewerb um die verbleibende Arbeitskraft zwangsläufig verlieren. Der Krankenstand ist nicht das Problem. Er ist die Quittung.









 
 
 

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